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Die spätgotischen Altäre Graubündens
Autor: Prof. Oskar Emmenegger
1. Einleitung
Graubünden ist eine Kulturlandschaft mit stark mittelalterlicher Prägung und
kann mit einer Reihe von Besonderheiten aufwarten, die in der Schweiz einmalig
sind. So besitzt Graubünden drei karolingische Kirchen: - die Rotunde San Lucio
in San Vittore - die Kirche St. Peter in Mistail - die Klosterkirche St. Johann
in Müstair Mit den Kirchen St. Stephan in Chur (5. Jahrhundert) und St. Martin
bei Cazis (7. Jahrhundert) stehen die beiden ältesten Kirchen der Schweiz auf
bündnerischem Boden. An Wandmalereien kann Graubünden aussergewöhnliches bieten.
Kaum ein Gebiet Europas besitzt soviele Malereien aus karolingischer Zeit. Aber
auch die erhaltenen Wandmalereien des 11. bis 13. Jahrhunderts dürften neben
denen des Kantons Tessin einmalig sein. Rechnet man die 12 Kirchen und Kapellen
hinzu in denen der Waltensburger Meister malte - diese Malereien des 14. Jh.
gehören zu den am besten erhaltenen der Schweiz - dann darf man sagen, die
Kulturlandschaft Graubündens nimmt in Bezug auf mittelalterliche Kunst eine
Sonderstellung ein. Eine weitere Besonderheit sind die 35 Altäre und
Ausstattungsfragmente des späten 15. und des frühen 16. Jahrhunderts, die
meisten sind Bestände vom ursprünglichen Aufstellungsort. Auf sie soll hier
eingegangen werden.
Vor der Zeit der Reformation müssen an die 200 gotische Altäre in den Kirchen
und Kapellen Graubünden gestanden haben. Durch Bilderstürme verschiedener
Epochen wurde die Mehrzahl davon zerstört. Oft sind nur noch einzelne
Figurengruppen erhalten, die sich heute als Gnadenbilder oder integrierter
Bestand in jüngeren Altarretabeln befinden. Die erste, wohl stärkste Dezimierung
fand während der Reformation statt. Sicher wurden einige Kunstwerke in
katholisch gebliebene Gebiete gebracht, zum Beispiel der Altar von St. Maria im
Münstertal nach Bormio, der von St. Antönien nach Wangs, ein anderer nach Plurs
im Veltlin, im Vergleich dazu aber sind die Verluste enorm. Eine Zeit in der
weiter eine grosse Anzahl an Werken von ihrem ursprünglichen Standort entfernt
wurden war das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert. Damals wurden
ganze gotische Altäre und Kirchenausstattungen an Museen in der Schweiz und
sogar im Ausland verkauft. Im Schweizerischen Landesmuseum Zürich, im
Historischen Museum Basel, sowie im Rhätischen Museum Chur sind Altäre samt
Ausstattung ausgestellt. An Orten des Auslands seien Aachen, Düsseldorf,
Frankfurt und New York genannt.
Nach bisherigen Erkenntnissen gab es in Graubünden keine Bildhauer- oder
Malerwerkstätten, die den hohen Rang der süddeutschen Künstler erreichten. Die
Altäre und deren Ausstattung wurden in Süddeutschland geschaffen und weitgehend
fertig gefasst in die Schweiz gebracht. Lediglich der bedeutende Hochaltar der
Kathedrale zu Chur wurde 1492 von dem Ravensburger Jakob Russ in Chur gefertigt.
Vorwiegend zwei süddeutsche Orte beherrschten vorwiegend den Export nach
Graubünden. Der eine war Ulm, von wo aus vermutlich mehrere Werkstätten
lieferten und der zweite Ort war Memmingen mit der Werkstatt von Ivo Striegel.
Es scheint, als hätten diese Werkstätten die Aufteilung der Liefergebiete in
Graubünden abgesprochen. Auffällig ist, dass sich die Kunstwerke der Ulmer
Werkstätten und solcher, die Ulmer Einflüsse erkennen lassen, auf die Kreise des
Rhäzünser Bodens, des Domleschg Alvaschein, Oberhalbstein und Churwalden
beschränken. Die Werkstatt von Ivo Striegel arbeitete ausschliesslich für die
Regionen Lugnez, Misox und am Vorderrhein. Zu den Werken aus Ulm und Memmingen
kommen in den genannten Gebieten auch Altäre des Jürg Kändel aus Biberach hinzu.
Die Verteilung der Altarwerke ist in den 4 folgenden Tabellen dokumentiert.
Nicht berücksichtigt sind Ausstattungen die sich heute nicht mehr im Kanton
Graubünden befinden.
1.1. Tabelle der Ulmer Altäre
- Churwalden, kath. Pfarrkirche, Hochaltar; datiert 1477 nach jüngster
Forschung eventuell Michel Erhart (A. Miller). Ferner weitere Skulpturen der
gleichen Werkstatt. Es ist einer der schönsten und besterhaltenen Altäre
Graubündens. Restauriert 1971 - 1974.
- Lenz, alte Pfarrkirche, Hochaltar datiert 1479, vom Meister H. H.
- Tomils, Pfarrkirche, Hochaltar datiert 1490, vom Meister H. H..
Restauriert 1986 bis 1988.
- Saluf, Pfarrkirche, Hochaltar um 1500, Figuren von Bildhauer N. Weckmann
(Westhof).
- Alvaneu Dorf, Pfarrkirche, Hochaltar um 1500, Figuren von N. Weckmann
(Westhof). Der Altar ist heute in ein Retabel des 17. Jahrhunderts integriert.
- Domat/Ems, Kirche St. Johann, Hochaltar datiert 1504, Figuren von N.
Weckmann (Westhof).
- Stürvis, Pfarrkirche, Hochaltar datiert 1504, Zuschreibung nicht geklärte
Ulmer Werkstatt (nach Poeschel).
- Chur, Kathedrale, ein Nebenaltar, vorher Kloster Churwalden, datiert 1511,
nicht erfassbarer Meister des Ulmer Kreises (nach Poeschel).
- Brienz, Pfarrkirche, Hochaltar um 1520, Spätstil der Ulmer Schule.
- Bivio, Pfarrkirche, Hochaltar datiert 1522, Spätstil der Ulmer Schule.
1.2. Tabelle der Striegel-Altäre
- Brigels, Kapelle Eusebius, Hochaltar datiert 1486, Yvo Striegel
zugeschrieben.
- Disentis, Pfarrkirche, Altar der Abdankungskapelle datiert 1489, von
Striegel signiert.
- Obersaxen, Kapelle Meierhof, ein Altar um 1490, ist Yvo Striegel
zugeschrieben, die Malerei seinem Sohn Bernhard.
- Lumbrain, Pfarrkirche, Altarfragmente um 1490, sind Yvo Striegel, die
Malerei als Frühwerk seinem Sohn Bernhard zugeschrieben.
- Vals, Pfarrkirche, Altar in der Marienkapelle, um 1500, Zuschreibung der
Werkstatt Striegel, die Figuren Weckmannstil (Westhof).
- Degen, Kapelle St. Sebastian, der Hochaltar ist datiert 1506, signiert von
Yvo Striegel. Das Retabel ist heute in einen Ritzaltar des 18. Jahrhunderts
integriert. Restauriert 1986 - 1988.
- Chur, rhätisches Museum, ursprünglicher Hochaltar der Pfarrkirche Grono,
datiert 1516, Striegel zugeschrieben.
- Roveredo-Carasole, S. Rocco, grosses Altarfragment, um 1512, Yvo Striegel
zugeschrieben.
Mehrere bedeutende Striegel-Altäre, aus dem Misox und Calancatal befinden
sich in Schweizer Museen. Ferner befinden sich diverse Figuren und Bilder die
von Yvo und Bernhard Striegel geschaffen wurden im Churer Dom-Museum, im Museum
San Vittore, in der Pfarrkirche Roveredo, in der Kapelle San Lucio in Cama, in
den Pfarrkirchen von Schlans, Brigels und Vrin.
1.3. Tabelle der Jürg Kändel-Altäre
- Tinizong, Pfarrkirche, der Hochaltar datiert 1512, signiert "Jörg Kändel,
Mauller zu Biberach". Partielle Konservierung 1966 - 1969.
- Vigens, Pfarrkirche, der Hochaltar ist datiert 1516, signiert von Kändel.
- Acla, Kapelle, Hochaltar um 1515, heute im Altersheim Curaglia, die jüngst
durchgeführte Restaurierung des Altares erlaubt die Zuschreibung der Werkstatt
Kändels. Restauriert 1980 - 1982.
- Momp-Medels, ein Nebenaltar um 1515, Malerei von Kändel mit Figuren dieser
Werkstatt.
- Sedrun, Pfarrkirche, ein Nebenaltar datiert 1515, Malerei eventuell von
Kändel, die Figuren sind sehr naiv.
- Cami Scholas, Kapelle St. Anna, Hochaltar datiert 1515. Der Altar
entspricht dem Typus von Acla, Momp-Medels aber etwas derber.
- Brigels, Kapelle St. Martin, Hochaltar um 1518, jüngste Vergleiche mit den
Altären von Tinzen, Vingens und Acla erlauben eine Zuschreibung der Werkstatt
Kändels.
- Disentis, Kloster Abtkapelle, kleiner Altar um 1520, wohl Spätwerk der
Werkstatt Kändels.
- Igels, Pfarrkirche, Hochaltar um 1520, Werkstatt Kändels möglich,
typischer Parallelfaltenstil an den Figuren.
1.4. Tabelle von weiteren schwäbischen Altären
- Chur, Kathedrale, Krypta, ein Altar um 1450.
- Chur, Kathedrale, Hochaltar, datiert 1492 mit Meisterzeichen von Jakob
Russ aus Ravensburg, die Flügelbilder sind von einem Meister Michael, dessen
Familienname und Herkunft nicht gesichert ist. Nach Erwin Poeschel (KDM
Graubündens, Bd. VI, Seite 113) handelt es sich um das einzige gesicherte und
noch erhaltene Altarwerk von Jakob Russ. Im Aufbau und an Figurenzahl das
reichste spätgotische Flügel Retabel der Schweiz.
- Chur, Kathedrale, Katharinenaltar um 1500, Triptychon eines Meisters aus
dem Bodenseeraum der nach Dürers Holzschnitten arbeitete.
- Chur, St. Luzi, Retabel aus Conters um 1520, eines unbekannten
schwäbischen Meisters. Eine Arbeit im Stil der Kändel-Altäre.
- Obervaz, Pfarrkirche, ein Nebenaltar datiert 1509, Jakob Russ, Konstanz,
(Westhof).
- Obervaz, Pfarrkirche, ein Nebenaltar datiert 1520, als schwäbisch
gotisches Spätwerk mit Parallelfaltenstil bezeichnet.
- Curaglia, Pfarrkirche, Hochaltar um 1520, von einem unbekannten Meister.
- Chur, Dommuseum, Hausaltärchen der Antwerperschule Anfang des 16.
Jahrhunderts.
Der derzeitige Stand der kunstwissenschaftlichen Forschung, über diese
spätgotischen Altäre, ist bis auf einzelne Werke, nicht viel weiter
fortgeschritten, gegenüber den Erkenntnissen die von Erwin Poeschel, dem Autor
der Kunstdenkmäler Graubündens beschrieben sind. Neue ergänzende Befunde
verdanken wir der Dissertation von Dr. Hans Rutishauser über die Klosterkirche
Churwaldens, einer Lizenziatsarbeit von Frau Uta Bergmann und einigen Aufsätzen.
Durch Beobachtungen während jüngster Konservierungsarbeiten an den Altären von
Churwalden, Tinizong, Tomils, Degen, Acla und Disentis konnten wertvolle
technologische und kunstwissenschaftliche Erkenntnisse erarbeitet werden.
Aufschlussreich sind die jüngsten Untersuchungsergebnisse von Hans Westhof. Aus
der Fülle gotischer Altäre werden hier 3 restaurierte Beispiele in Bezug auf
Maltechnik und Restaurierungsprobleme vorgestellt.
2. Der Hochaltar der Pfarrkirche von Tomils
An der Inschrift des Sockels zum Mittelrelief befinden sich die Initialen des
Meisters H. H. der diesen Altar geschaffen hat. Besonders hervorzuheben ist die
Qualität der Figuren, bescheidener sind die Malereien der Flügelrückseiten. Die
Themen der Skulpturen und Reliefs der Feiertagsseiten sind den wichtigsten
Stationen des Marienlebens gewidmet. Es sind die Verkündigung, Heimsuchung, die
Geburt Christi, die Anbetung der drei Könige, die Krönung Marias und Maria beim
Gekreuzigten. Die bemalten Flügelrückseiten zeigen die typischen Bündnerheiligen
St. Luzius, Emerita und Florinus neben St. Laurentius, Stephanus, einem Papst,
Sebastian und Antonius. Schichtfolge und Maltechnik.
Der maltechnische Aufbau entspricht durchweg der gotischen Tradition. Die
originalen Retabelteile bestehen aus Fichtenholz (Rottanne), die Skulpturen aus
Linde. Äste und Fugen sind mit Leinwand kaschiert. Auf dem Holz liegt ein
Leimpräparierung, die mit schwarzem Pigment eingefärbt ist. Anschliessend folgt,
mehrschichtig aufgebaut, die Kreidegrundierung. Malerei und Damasthintergründe
an Schrein und Flügeln sind schwarz unterzeichnet. Bei geradlinigen Motiven
ritzte man die Konturen tief in den Grund, teilweise bis in das Holz. Die
Umrisse der Nimben sind mit geritzten Zirkelschlägen markiert. Die Umrisse der
Damastmuster, deren Hintergrund gewuggelt ist, sind in die Grundierung
eingraviert. Für Vergoldung folgte nun die leicht mit Bolus eingefärbte
Leimlösche. Dicker aufgetragen und nicht eingefärbt wurde die Leimpräparierung
an allen zu fassenden Teilen. Sie ist heute stark vergilbt. Malerei und Fassung
sind in magerer Tempera ausgeführt. Das Blau der Mantelumschläge ist Azurit,
welches mit tierischem Leim gebunden ist. Die Gewänder sind mit vergoldeten und
gelüsterten Pressbrokaten versehen. Vorkommende Pigmente: Zinnober mit Menninge
untermalt, roter Ocker, roter Farblack, Azurit mit Schwarz untermalt, Malachit,
grüner Lüster, gelber Ocker, Bleizinngelb, Pflanzenschwarz, Gold und Silber als
Metallauflagen. (Analysen von H. Härlin und Dr. A. Arnold).
Schwer setzte das Schicksal diesem Altar zu:
- Im 19. Jahrhundert wurde der gotische Altar in eine barockisierende
Auffassung umgeändert. Der gotische Bestand wurde dabei stark dezimiert. Die
bei der Umgestaltung nicht mehr berücksichtigten Teile sind verschollen, so
die Reliefs der Predella, das Gesprenge, die Bedachung, der Baldachin und die
Schleiergitter. Bei diesem Umbau wurden zudem die Figuren total mit
Ölharzfirnissen überzogen.
- 1921 wurde der Altar von einem Restaurator Oetker aus Zürich restauriert
unter der Leitung des Architekten Sulser. Man reorganisierte den Altar trotz
vielen fehlenden Teilen zu einem gotischen Konzept zurück. Hierzu wurde ein
Schrein geschaffen, an den inneren Rahmenschenkeln der Flügel wurden breite
Bahnen herausgeschnitten und mit neuem Holz ersetzt. Man vertraute, wohl aus
statischen Gründen, bei einem Gewicht von 72 kg je Flügel, der Befestigung der
Flügel an dem Schrein nicht. Drei überdimensionierte, schwere und unschöne
Scharniere, die unmöglich aus der Ebene der Rahmenschenkel nach vorne ragten,
dienten als Befestigung eines jeden Flügels an dem Schrein. Leider wurde der
Schrein zu schmal gebaut weshalb die Flügel während der Fastenzeit nicht mehr
geschlossen werden konnten. Bedenkenlos und völlig entstellend wurden die
Fassungen der Figuren und die Malereien übermalt. Die originalen Vergoldungen
überzog Oetker mit stark verdünntem Leim, durch die Oberflächenspannung dieses
Überzuges wird die originale Vergoldung förmlich von ihrer Unterlage
abgehoben. Ferner legte Oetker auf die originale Polimentvergoldung, die er
ausbessern wollte, einen stark geleimten Polimentüberzug auf dem er mit
Leimwasser als Netzmittel neu vergoldete. Zusammen ergab das stark geleimte
Poliment und das Leimwasser als Netzmittel, Oberflächenspannung und riss die
originale Vergoldung mitsamt ihrer Präparierung weg. Lose Malschichten hatte
man mit einem zu heissen Spachtel niedergelegt und die Malerei dabei partiell
verbrannt.
- Besonders gravierend ist der extreme Wurmbefall. Die Figuren und Reliefs
sind nur noch Frassmehl. Die Oberflächen der Figuren wurden nur nochh durch
die Grundierung und Fassung zusammengehalten. 1921 hat Oetker eine
Holzfestigung durchgeführt mit tierischem Leim - Resultat: das Innere der
Figuren wurde zerrissen, hinter dem dichten Oberflächenverschluss aus Leim
verschlimmerte sich der Wurmbefall weiter. Die von Oetker angesetzten neuen
Holzleisten waren bald ebenfalls nur noch Frassmehl. Einzelne Köpfe wurden
damals von oben her ausgehölt und mit einem Kitt aus Kreide und Leim
ausgefüllt.
Massnahmen
Die Übermalungen und modernen pigmentierten Ölharzüberzüge (Gallerieton)
liessen sich chemisch entfernen. Problematisch war die Freilegung der originalen
Vergoldung. Die losen Vergoldungen wurden zurück fixiert, die Leimvergoldung und
deren Präparierung soweit als möglich entfernt. Dies war ausserordentlich
schwierig, denn die moderne Vergoldung lies sich nur mit leicht warmem Wasser
entfernen, auf das aber auch die originale Vergoldung schnell reagierte. Eine
mechanische Freilegung stand ausser Diskussion, wegen der entsprechenden
Kratzschäden. Diese Freilegung verlangte äusserst grosse Geschicklichkeit
vorallem das Erfassen der Einwirkungszeit des Wassers bevor es gefährlich für
die originale Vergoldung wurde. Die 1921 aufgebrachte Leimfestigung konnte an
der Oberfläche nur beschränkt entfernt werden.
Das Hauptproblem war die Holzfestigung. Um das Holz nur einigermassen wieder
tragfähig zu machen, mussten Figuren und Malereien freigelegt werden um
Fehlstellen zu finden, durch die man die Festigungsmittel überhaupt einführen
konnte.
Diverse Leim- Kreidekittungen an den Figuren mit denen grosse tiefe Löcher
geschlossen wurden zeugen davon, dass der Holzwurm (Anobium Punktatum) schon vor
langer Zeit an dem Altar für Zerfallserscheinungen sorgte. Auch die
Neuanstückungen wurden total zerfressen. Sie wurden nicht mehr gefestigt sondern
ersetzt. Gefestigt wurde, durch die freigelegten Löcher, mit Araldit XB-3127 und
Härter HY-2996, 1:9 mit Xylol verdünnt. Bis auf wenigen Stellen wo eine
Nachbehandlung notwendig war genügte eine Festigung.
Damit der Altar während der Fastenzeit entsprechend der liturgischen
Bedürfnisse wieder geschlossen werden kann wurde der Schrein von 1921 in der
Mitte getrennt und um 14 cm verbreitert. Das Klima im Chor wurde durch die
Sonneneinstrahlung durch die Fenster Ost/Süd und Süd kaum beeinflusst. Die Luft-
und Oberflächentemperatur, direkt am Altar gemessen, schwankten hingegen, dem
zufolge waren dort auch Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit von
durchschnittlich 7 % zu beobachten. Daher wurde die Verglasung mit einer
wärmedämmenden Folie versehen.
3. Der Hochaltar der Kapelle St. Sebastian in Degen (Igels)
Der Bestand des ehemaligen gotischen Hochaltares ist nahezu vollständig in
die barocke Umgestaltung von Ritz (um 1730) integriert worden. Eingebaut ist die
Predella und der Schrein mit seiner Ausstattung - den Figuren und
Schleiergittern - in eine sechssäulige Ädikula mit Segmentverdachung. Die Flügel
mit den Reliefs der Feiertagsseiten sind im Altaroberbau, gleich einem
Triptychon, plaziert. Der eine Flügel dient als Mittelbild und wurde oben
polygonal in barocker Form zurechtgeschnitten. Den zweiten Flügel hat man
halbiert, oben ebenfalls polygonal zurechtgeschnitten, und als zwei Seitenflügel
hinzugefügt. Mitverwendet sind auch die ursprünglichen Rahmen der Flügel und die
Schleiergitter die überall den Oberbau als Detailornamente zieren. Umgeben ist
der gotische Bestand in der barocken Ädikula und dessen Oberbau mit reich
geschnitzten Seitenranken. Nicht verwendet wurde von Ritz das Gesprenge und die
dazugehörenden Figuren ausser zweier Fialen die der Fixierung des Retabels an
die östliche Chorwand dienen. Ferner fehlen, wie seitlich am Schrein vorhandene
Nuten dokumentieren, zwei Standflügel und die Rückseite der Predella.
Die relativ gut erhaltenen Malereien, an den Rückseiten der Flügel und am
Schrein, beinhalten unter anderem eine mit 1506 datiere Inschrift in der Ivo
Striegel als der ausführende Künstler festgehalten ist. Die Nimben der Heiligen
sind mit den entsprechenden Tituli versehen. Um 1750 also ca. 30 Jahre nach der
Barockisierung durch Ritz kam als letztes Ausstattungsstück das Antipendium
hinzu. Es wurde von einem aus der Region stammenden Holzschnitzer geschaffen.
Ritz hat bei den barocken Umgestaltung Partien des gotischen Retabels und der
Figuren umgefasst. Die barocke Altarfassung ist mit Ausnahme weniger Retuschen
vollständig original. Nach den von Frau Härlin, vom Institut für Technologie der
Malerei in Stuttgart, durchgeführten Untersuchungen liegen für die barocke
Fassung folgende Ergebnisse vor:
Für die verwendeten Bretter der flachen Retabelteile hat man Fichtenholz
(Rottanne) verwendet, Profile und zu schnitzende Teile wie Ornamente und Figuren
sind aus Arvenholz geschaffen. Über der Kreidegrundierung liegt regelmässig eine
mit gelbem Eisenoxyd eingefärbte Leimlösche. Die Probe einer blau marmorierten
Stelle zeigt vorerst eine stark mit Berliner Blau ausgemischte Bleiweisschicht.
Darüber eine Zwischenschicht, aus Smalte als mittlerer Blauwert über dem
dunkelblaue Äderungen mit Berliner Blau ausgeführt sind.
Die Probe einer roten Marmorierung zeigt über Hellrot aus Bleiweiss und
Zinnober eine dunkelrote Schicht aus unvermischten Zinnober. Ein nicht
identifiziertes Kupfergrün diente für grüne Lüsterungen an Ornamentbändern und
Gewandteilen. Goldlack und roter Farblack über Silber fand man an Gewandteilen
und Ornamenten und Indigo für blauen Lüster an Säulen.
Für die Polimentvergoldungen benutzte man zwei Sorten von Blattgold. Die eine
mit starker Silberlegierung zeigt eine gelblich/grünliche Farbe, die zweite mit
grossem Goldgehalt ist gelbrötlich. Die Goldsorten wurden nach eine System
verarbeitet, Profile und Faltentiefen von Gewändern mit dem stark legierten
Gold, das reinere für Basen, Kapitellen, Ornamenten und vorstehenden
Gewandfalten. Vergoldungen und Versilberungen zeigen einen Leimüberzug.
Eine Probe vom blauen Mantelumschlag des dritten Apostelreliefs von links in
der Predella ist exemplarisch für die barocke Umfassung und einer Übermalung von
1894. Sie zeigt über dem gotischen mit Grau untermalten Azurit das barocke Blau
aus Smalte. Aus dem 19. Jahrhundert sind die obersten zwei zusammengehörenden
Schichten aus einem feinteiligen nicht identifizierten Blau dem Bleiweiss
hinzugemischt ist und einer dünnen lasurartigen Schicht aus Grau mit wenig
künstlichem Ultramarin. Für die Datierung des 19. Jahrhunderts war entscheidend
das künstliche Ultramarin und der spektralanalytische Nachweis von Barium als
Verschnitt in den beiden obersten Schichten. An der nie übermalten damastierten
Schreinrückwand lässt sich besonders schön die Ausführungsabfolge des gotischen
Blauhintergrundes ablesen. Die Fichtenholzbretter sind präpariert mit tierischem
Leim. Dünn mit dem Pinsel aufgetupft folgt eine Kreidegrundierung, über der die
Grauuntermalung die sogenannte Veneda, dann das Zweischichtige kräftig blaue
Azurit. Die untere Azuritschicht ist besonders feingemahlen daher hellblau,
bestechend schön ist das teure, grobgemahlene, tiefblaue, darüber liegende
Azurit. Leider sind nur noch wenige der aufgeklebten vergoldeten Papiersterne
erhalten. Ein kleines Werkzeichen in der ungrundierten Partie oben, könnte
vielleicht einmal ein wichtiger Hinweis für die Zuschreibung eines Fassmalers
oder anderen Beteiligten am gotischen Altarbau sein.
Die dentrochronologischen Untersuchungen der verwendeten Hölzer ergaben keine
engbegrenzenden Datierungen. Die Fichte für die mittlere Tafel wurde zwischen
1421 - 1501, die für die Tafel mit der Katharina zwischen 1424 - 1489 und jene
für die Tafel mit der Barbara zwischen 1424 - 1501 gefällt und bearbeitet. (AAM
Moudon).
4. Hochaltar der katholischen Pfarrkirche in Churwalden
Der Altar besteht aus Predella, Schrein mit Flügeln, Dachaufsatz und reichem
Gesprenge. Auf der Vorderseite der Predella ist vor goldenem Hintergrund
Christus mit den Jüngern dargestellt, seitlich davon befinden sich die Wappen
des Klosters. Die Rückseite zeigt die vier Kirchenväter. Im Schrein stehen vor
goldenen Damasthintergrund zur rechten der Muttergottes mit dem Kind die
Heiligen Emerita und Augustinus und zur Linken eine Heilige deren Attribute
fehlen (möglicherweise handelt es sich um die Heilige Magdalena) und der Heilige
Luzius. Zwei über Maria schwebende Engel tragen deren Krone. Der Hintergrund
über dem goldenen Damastvorhang wird von aufgeklebten, vergoldeten Sternen
verziert. Die äusserst qualitätsvollen Figuren mit höfischer Eleganz sind sehr
wahrscheinlich Werke des Michel Erhart.
Die Feiertagsseiten der Flüge zeigen die Verkündigung und die Geburt Christi.
Auf den Werktagsseiten ist links die Heimsuchung und rechts St. Lorenz und
Johannes der Täufer dargestellt. Die Malereien die Einflüsse Schongauers
erkennen lassen, sind in der Qualität nicht mit den Figuren zu vergleichen. Die
sehr naiven Malereien der Schreinrückseite weisen innerhalb eines Textes das
Datum 1477 auf. Bemerkenswert ist der sehr gut erhaltene Dachaufsatz mit seinen
gemalten Biberschwanzziegeln. Die Bekrönung über dem Dachaufsatz "hat die Form
eines von dünnen Pfeilern getragenen Tabernakels" (zitiert nach Poeschel, Bd.
II, S. 232). In dem mittleren der drei Felder, die die mit Fialen versehenen
Pfeiler bilden befindet sich eine Kreuzigungsgruppe. In den zwei anderen Feldern
stehen die Heiligen Paulus und Margaretha. Die Engel in der seitlichen
Dachschräge sind Bestandteile eines nicht mehr erhaltenen Altars und kamen im
19. Jahrhundert an ihren jetzigen Standort. Über der Kreuzigungsgruppe steht im
zweiten Geschoss unter einem Baldachin der mit dem Drachen kämpfende St.
Michael. Die Skulpturen des Gesprenges zeigen gegenüber jenen im Schrein nicht
nur in künstlerischer Hinsicht Qualitätsunterschiede, sondern auch andere Mal-
und Fassungstechniken.
Mal- und Fassungstechniken
Materialgruppen unterschiedliche Materialien verarbeitet, sondern auch keine
einheitliche Maltechnik benutzt. So liegen die polierten Vergoldungen auf
Poliment das mit unterschiedlichen Bindemitteln angesetzt ist. Eine grössere
vergoldungstechnische Einheit bilden nur die Predella, die Schreinfiguren mit
deren Hintergrund, wie auch die Hintergründe auf den Feiertagsseiten der
Flügelbilder. Hier benutzte man die klassische polierte Polimentvergoldung.
Für die polierten Goldauflagen an den Figuren im Gesprenge ist das Poliment
zusätzlich mit Öl gebunden, was sich nicht nachteilig auf den Poliervorgang
auswirkte dafür aber die Freilegung erheblich erschwerte.
Die Vergoldungen der Krabben an den Fialen und den Schleiergittern am
Schrein, wie den Zacken an den Kronen liegen auf einem Medium aus trocknenden
Ölen. Für die Wahl dieser Technik könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben,
dass diese Vergoldungsvariante, für die feinen Krabben, die technisch einfachere
und rationellere Lösung war.
Matte Versilberungen liegen direkt auf der Grundierung. Als Klebemittel
identifizierte Dr. Mühlethaler Eiklar mit geringen Zusätzen von Honig. Die
Befunde ergaben, dass man im allgemeinen Blattgold und Blattsilber verwendete,
aber auch Zwischgold an der Rückwand der Predella und eine Goldimitation aus
Goldlack auf Silber für die Mäntel der Figuren im Gesprenge. Wegen des guten
Erhaltungszustands der vergoldeten, grün und rot gelüsterten, prachtvollen
Pressbrokate verzichtete man auf Analysen zur Klärung des Aufbaus.
Als Bindemittel diente im allgemeinen zum Fassen des Retabels wie zur Malerei
der Flügelbilder eine magere Tempera. Eine interessante und ungewöhnliche
Fassung zeigen die hellblauen Fialen am Gesprenge. Entgegen dem üblichen
gotischen Fassungsaufbau, ist hier die Kreidegrundierung direkt mit Azurit
eingefärbt. Leim gebunden ist mit Ausnahme weniger Partien die naive Malerei der
Schreinrückwand.
Malschichtaufbau
Schrein, Flügel, Rahmenprofile und Fialen sind aus Nadelholz gefertigt. Alle
geschnitzten Altarteile wie Figuren, Krabben und Schleiergitter hat man aus
Lindenholz geschaffen. An der Oberfläche des Holzes sichtbare Äste, Harzgallen
und Risse sind mit Leinwandstreifen, oder Hanffasern überklebt. Es folgte eine
Leimtränke, sodann mehrschichtig die Kreidegrundierung. Wo Goldhintergründe
vorgesehen waren, grundierte man dicker. Gravierte Brokatmuster an Tafelbildern
und Schreinrückwand wurden mit Kohle vorgezeichnet. Die Hintergründe der
verschiedenen Motive sind gewuggelt (gestelzt). Vor dem Vergolden überzog man
die entsprechenden Partien mit einer Leimlösche die mit wenig rotem Poliment
eingefärbt war. Es folgten nun zwei Anstriche mit rotem Poliment. Sie sind
locker, schnell und nicht deckend aufgemalt. Die Polimentvergoldung zeigt
deutlich eine wohl feine aber nicht plan geschliffene Oberfläche. Heute wird
leider die Grundierung von den Vergoldern all zu sehr geschliffen. Ihnen allen
fehlt die lebendige Oberfläche die aber typisch ist für historische
Vergoldungen.
Die Grundierung der zu fassenden und malenden Altar- und Figurenteile hat man
mit einer Präparierung aus tierischem Leim versehen und darüber die Malerei,
respektive die Fassung mit einer mageren Tempera ausgeführt. Nicht präpariert
wurde die Grundierungen der hellblauen Architektur- und Gliederungselemente im
Gesprenge.
Wie die Fassungstechniken und die verwendeten Materialien ist auch das
Farbprogramm des Retabels etwas eigenwillig. Das übliche Schema eines
spätgotischen Retabels zeigt meistens die Farben Rot, Blau, Gold als Abfolgen an
Rahmen, Gehäuseprofilen und Gesprenge. Am Churwaldner Altar sind an einzelnen
Profilen an Pfeilern und Fialen grosse Partien in Grün und Hellblau ausgeführt.
Gelegentlich findet sich auch roter, transparenter Farblack. Eindrücklich und
besonders erwähnenswert ist vorallem der aussergewöhnliche gut erhaltene Bestand
der Fassung wie zum Beispiel die mit rot und grün gelüsterten und vergoldeten
Pressbrokate.
Geradezu als sensationell darf man die Fassungen der Köpfe der Heiligen
bezeichnen. Sie sind äusserst pastos und realistisch bemalt. Die als letzte
Feinheiten in die Grundierung geschnittenen Stirnrunzeln und Augenfalten wie die
naturnahen pastos gemalten Barthaare und Augenwimpern steigern den angestrebten
Realismus zu einem solchen Höhepunkt, dass man sicher den Vergleich geben darf
"Farbige Bild- und Kunstwerke an der Skulptur".
Zustand der Fassung, Schadenursache und Massnahmen
Das Altarretabel, die Figuren wie auch die Tafelbilder waren vollständig
übermalt ausser den Vergoldungen der Figuren die nur teilweise neu überschossen,
teils neu ölvergoldet wurden. Das originale Farbprogramm wurde im 19.
Jahrhundert geändert zu Gunsten des Schemas Rot-Blau-Gold, nach der Vorstellung
wie eine übliche gotische Fassung auszusehen hat. An den Figuren entsprechen die
Übermalungen nur partiell dem originalen Farbprogramm. Das Gewand des Jakobus
zum Beispiel zeigt im Original eine Fassung mit rotem Farblack, die Übermalung
war grün. Sein Mantel zeigt original Goldlack auf Silber, die Überfassung eine
Ölvergoldung, im Original ist die Mantelinnenseite grün, sie wurde aber blau
übermalt.
Der Kruzifixus erschien durch die Übermalung fahl, stumpf und
undifferenziert. Blut malte man nur gerade an Händen, Füssen, der Brust und
wenig an der Stirn. Erstaunlich realistisch dagegen ist die originale Fassung
mit dem durchmodellierten Gesicht, den stark blutenden Hauptwunden und den,
gleich Ornamenten am Körper verteilten Geisselungswunden.
Wie unmöglich die Übermalungen gegenüber dem Original waren sei dargelegt am
Kopf des Johannes. Flach, und wenig aussagekräftig ist die Übermalung. In der
originalen Fassung ist das Gesicht an Wangen und Nase mit Rot modelliert, die
Augen sind bis ins letzte Detail ausgearbeitet, Tränen sind aufgemalt und die
gemalten Haare gehen in geschnitzte über.
Die Fassung von Retabel und Figuren stand an vielen Stellen dachförmig auf.
Schäden gleicher Art waren auch an den Tafelbildern zu beobachten. An
Vergoldungen vorallem an den Tafeln, traten konzentrierte Krakelee- und
Schüsselbildung auf. Das Krakelee zeigt einen ausgeprägten Horizontalverlauf,
also quer zu den Holzfasern. Ferner ist der ursprünglich kräftig rote Farblack
graurot verändert.
Entscheidende Massnahmen waren nicht allein, dass lose Mal- und
Grundierungsschichten gesichert und zurückfixiert wurden und dass man die
originale Fassung freilegte. Um die Sicherheit des Altares langfristig zu
garantieren galt es vorallem die eigentliche Schadenursache zu klären, zum
Beispiel wie sind die Schäden am Altar verteilt oder wieso konzentrieren sich
die Schäden am stärksten auf die Partien die gegen Osten und Süden gerichtet
sind; vorallem musste das Klima in der Kirche über einen langen Zeitraum hin,
auch nach Inbetriebnahme der Bodenheizung kontrolliert werden. Was waren nun die
Hauptursachen der Schäden: Die aufgestandenen Fassungsschichten konzentrierten
sich bei den Skulpturen und den Polimentvergoldungen an Faltenstegen, bei
Tafelbildern dort wo die Holztafeln im Tangentialschnitt geschnitten sind. In
beiden Fällen sind es liegende Jahrringe mit breiten Abständen des Frühholzes
die besonders stark reagieren bei Aufnahme und Abgabe von Feuchtigkeit. Den
dabei erfolgten Quell- und Schwundprozess machte die Malerei nicht mit, sie
wurde abgestossen.
Anhand von Messungen der relativen Luftfeuchtigkeit konnte man oft
beträchtliche Klimaschwankungen feststellen die nicht der Bankheizung vor der
Restaurierung zuzuschreiben waren. Denn diese Klimaschübe waren erfassbar durch
die Kenntnis der Gottesdienstzeiten. Ein für die Altarposition erstelltes
Sonnendiagram brachte die nötigen Belege. Der spätgotische polygonale Chor mit
seinen Fenstern in Richtung Ost/Ost-Süd und Süd brachten massive Wärme in den
Chorraum wo der Altar steht. Die Wabenscheiben der Fenster sind wie Brenngläser
durch die die Sonne konzentrierte Wärme auf den Altar strahlte. Auffallend war,
dass aufstehende Malschichten und Fehlstellen vorallem im Ost- und Ostsüdbereich
des Altares zu beobachten waren. Es sind die Bildflächen die von der Sonne
bestrahlt werden.
Die entscheidende Massnahme lag nicht in den Präventivmassnahmen, sondern in
einfachen unscheinbaren Lösungen. Die Fenster die intensive Sonneneinstrahlungen
ermöglichten, wurden mit einer Folie zwischen der Doppelverglasung versehen, die
stark wärmende langwellige Infrarotstrahlen abhält. Eine weitere wichtige
Entscheidung war, dass der Altar regelmässig auf neu entstehende Schäden
kontrolliert wird. Dass die getroffenen Massnahmen und die eigentlichen
Konservierungsarbeiten richtig waren zeigt, dass seit der Wiederaufstellung des
Altars von 1974 - 1988 keine Konservierungsmassnahmen durchgeführt werden
mussten. Einzelne wenige lose Farbschollen an den Vergoldungen der
Schreinfiguren und am Schmerzensmann sind zu festigen. Die Sicherung kleiner
loser Farbschollen erfolgte jeweils mit Gelatine, tiefe grossflächige lose
Fassungsschichten wurden mit Bindan - ein PVA-Leim - zurückgeklebt. Als
Vernetzungsmittel diente Lunezol das für die Stoffärberei verwendet wird, dies
mit 2 0/00 Anteilen auf 1 Liter Wasser. Entfernt wurden die dicken massiven
Übermalungen mit einer Fluidpaste bestehend aus Kieselgel als Träger dem
Dichlormethan und Methanol zugegeben wurde. Die Nachreinigung erfolgte mit
Aceton, Testbenzin und dem Skalpell. Der Altar ist heute gegen Diebstahl
gesichert.
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