Oskar Emmenegger & Söhne AG, Restaurator, Stöcklistrasse, CH-7205 Zizers, Telefon 081-3072201, Telefax 081-3072251 Oskar Emmenegger & Söhne AG, Restaurator
 

Vorträge

Historische Putztechniken Kurzreferat

Autor: Prof. Oskar Emmenegger

Historische Putztechniken, dies ist ein Thema das völlig im Schatten der Wandmalereien steht. Die Meinung dass Verputz etwas Ersetzbares ist, scheint allgemein gültig zu sein, was ist schon besonderes an ihm. Doch gerade im Zusammenhang mit Fassadenmalerei betrachtet, fällt der Unterschied auf, wenn sich innerhalb des historischen Intonacobestandes moderne Ausbesserungen befinden. Der Unterschied der Ergänzung zur historischen Oberflächenstruktur ist meist störend und nicht akzeptabel. Erst seit die Denkmalpflege und Restauratoren historische Bauten vor einer Restaurierung eingehend untersucht haben, ist man auf die Unterschiede zwischen dem ursprünglichen Bestand und der modernen Applikationsart aufmerksam geworden. Man begann die historischen Bestände zu studieren und Fakten zu sammeln. Die Ergebnisse sind erstaunlich und ernüchternd zugleich, wenn man bedenkt wieviel Substanz verloren ging, nur weil man diese Sonderheiten verkannt hat. In der Literatur finden wir über Verputz meistens nur die technologischen Voraussetzungen wie Siebkurve, Bindemittel, Füllstoffe und Mischverhältnisse. Heute will man alles wissenschaftlich erfassen und nach DIN-Normen bestimmt haben. Was wäre wohl an Malereien entstanden, wenn man die Kunst nach DIN normiert hätte ? Die seit den letzten 20 Jahren gesammelten Untersuchungsergebnisse zeigten, dass ein Verputz nicht nur Schutzhülle eines Mauerwerks war, sondern durch seine Struktur auch gestaltendes Element sein kann. Ob ein Verputz mit der Kelle angeworfen, mit der Kalkbürste aufgeschlämmt oder dressiert, ob die Intonacooberfläche strukturiert ist mit entsprechenden Instrumenten und Hilfsmitteln, jedesmal wird das Intonaco anders aussehen. Bis jetzt konnten 28 verschiedene historische Oberflächen erfasst werden. Deutlich wurde, dass vor allem ab dem 16. Jahrhundert mit Mörtel Oberflächenstrukturen geschaffen worden sind, die Steinbearbeitungen imitieren. Sie dienten der Betonung von Fassadengliederungen und evozieren kostbare Arbeiten aus Stein. Sicher ist, dass eine Fassadengestaltung auch mit auserlesenen und raffiniert geschaffenen Intonacostrukturen, nicht mit einer Wandmalerei gleichzusetzen ist. Doch sei daran erinnert, dass auch das bedeutendste Kunstdenkmal ohne seine historische Umgebung, auch wenn sie nur einen mittelmässigen Stellenwert hat, eine einsame Weisheit bleibt.

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